Der Congreso de los Diputados, das spanische Unterhaus des Parlaments, hat mit 241 Gegenstimmen, 1 Enthaltung und 103 Ja-Stimmen das Königliche Dekret Real Decreto 21/2018 vom 14. Dezember betreffend dringende Maßnahmen in Bezug auf Wohnung und Miete für ungültig erklärt.
Am 19. Dezember 2018 trat die von der spanischen Regierung von Pedro Sánchez entwickelte Reform des Mietmarktes in Kraft. Die wichtigsten Änderungen betrafen die Laufzeit von Mietverhältnissen und die Kaution. Das spanische Unterhaus hat dieses Gesetzesdekret jedoch mit großer Mehrheit aufgehoben. Sämtliche Mietverträge, die in dieser Zeit unterzeichnet wurden, bleiben unverändert, das heißt gültig, obwohl das Parlament die Änderung nun abgelehnt hat.
Die sozialistische Regierung fand nicht die notwendige Unterstützung im Parlament, um die Reform des Mietrechts durchzubringen. Vor allem die Ablehnung der linken Partei Podemos sticht hervor, da es doch um eine für diese Partei sehr wichtige Maßnahme ging, nämlich den Mietpreis gesetzlich zu begrenzen.
Angesichts der Ablehnung des Parlaments sollten Eigentümer und Mieter nun wissen, wie sie vorgehen sollen und wie lange die Mietverhältnisse andauern:
- Mietverträge, die während der Gültigkeit des Gesetzesdekrets unterzeichnet wurden, das heißt nach dem 19. Dezember, behalten weiterhin ihre Gültigkeit, da der Willen beider Vertragsparteien berücksichtigt werden muss, wie Carmen Giménez, Inhaberin der Kanzlei G&G Abogados erklärt. Allerdings sind die Fristen für die verbindliche Verlängerung für den Vermieter sowie die freiwillige Verlängerung durch den Mieter auf 3 Jahre beschränkt (dies gilt für Privatpersonen und Körperschaften) und die stillschweigende Verlängerung erfolgt nach wie vor jährlich.
- Wenn der Mietvertrag eine Laufzeit von 5 oder 7 Jahren hat, bleibt diese Laufzeit bestehen, da sie dem Willen beider Parteien entspricht. Die stillschweigende Verlängerung, die in der Reform des Mietrechts auf drei Jahre vorgesehen war, wird jedoch auf ein Jahr reduziert, so wie es die Mietrechtsreform der konservativen Partido Popular von 2013 vorsieht.
- Mietverträge, die für eine Dauer von ein, zwei oder drei Jahren abgeschlossen wurden, unterliegen den Bestimmungen des Gesetzes von 2013. Die verbindliche Verlängerung liegt bei drei Jahren und die stillschweigende Verlängerung würde nach einem Jahr erfolgen.
- Die Anwältin betont jedoch, dass die Ablehnung des neuen Mietrechts durch das spanische Parlament sich nicht auf das Mietverhältnis auswirkt, denn die Vertragsparteien können die Bedingungen nach freiem Willen und gegenseitiger Übereinkunft festlegen. So können die Mietverhältnisse für eine Dauer von 5 oder 7 Jahren abgeschlossen werden, unabhängig davon, welches Gesetz angewendet wird.
- In jedem Fall kann der Eigentümer den Vertrag nicht vor Ablauf der im anzuwendenden Gesetz festgelegten verbindlichen Verlängerung kündigen, sollte der Mieter den Wunsch äußern, den Vertrag zu verlängern. Denn diese Zwangsverlängerung stellt ein Recht des Mieters und eine Verpflichtung des Vermieters dar.
- Da das Königliche Dekret nicht vom spanischen Parlament abgesegnet wurde, bleibt das Gesetz über die Eintragungssteuer für Akte und Verträge ebenfalls unverändert. Dies bedeutet, dass die Entrichtung dieser Steuer bei Unterzeichnung eines Mietvertrages auf den Mieter entfällt.
Laufzeiten der spanischen Mietverträge
Bestandteile eines spanischen Mietvertrages
Fernando Encinar, Leiter der Marktforschung beim Immobilienportal idealista, glaubt, dass „das Ergebnis der Abstimmung zeigt, dass das Dekret nicht die Zustimmung von Parteien, Mietern oder Eigentümern hatte. In diesem Moment beginnt eine Phase der Reflexion, die uns dazu veranlassen sollte, Maßnahmen zu ergreifen, um das Angebot sowie die Qualität des Angebotes zu verbessern und die zu angemessenen Mietpreisen führen.“
Eine kritische Debatte gegen die Reform des Mietrechts
Der Leiter des spanischen Entwicklungsministeriums, José Luis Ábalos, verteidigte vor den Abgeordneten die Notwendigkeit, das Mietrecht angesichts der Wohnungsnot zu ändern. „Es ist eine erste Antwort auf die verfehlte Wohnungspolitik der letzten Jahre und ein Versuch, die Reform des Mietrechts von 2013 rückgängig zu machen“, argumentierte er, jedoch ohne die anderen Parteien im Parlament überzeugen zu können.
Ana Maria Zurita von der konservativen Volkspartei PP ist der Ansicht, „dass diese Änderungen nichts bewirken werden. Sie werden nicht die Probleme bezüglich der Sozialwohnungen lösen, wenn alle Maßnahmen den freien Markt betreffen. Die Maßnahmen reagieren nicht auf das eigentliche Problem Spaniens, nämlich auf das fehlende Angebot und die mangelnde Rechtssicherheit. Das einzige, was dieses Gesetz in einem Monat bewirkt hat, sind weniger Mietverträge und höhere Mietpreise. Es hat absolut unnötige Probleme geschaffen“, argumentierte die Abgeordnete und bestätigte die allgemeine negative Haltung ihrer Partei gegenüber diesem Gesetz.
„Die öffentliche Sozialwohnungspolitik war eine Katastrophe. In Spanien sind nur 2,5% des Wohnungsbestands Sozialwohnungen, aber dieses Gesetz bietet keine klaren Lösungen für dieses Problem. Wir setzen auf eine öffentlich-private Zusammenarbeit, die dem Sektor Rechtssicherheit gibt. Wir müssen Wohnlösungen zu einem erschwinglichen, genau definierten Preis anbieten“, sagte Miguel Ángel Garaulet von der Partei Ciudadanos. „Das Problem des Mangels an sozialem Wohnraum betrifft nur 4% des Mietangebotes in Spanien. Die Lösung sollte den gesamten Bestand an Mietwohnungen betreffen, das heißt 4 Millionen Personen, die sparen und ihre Wohnungen vermieten“, so Garaulet.
Lucía Martín von der linkspopulistischen Partei Podemos drückte ihre Ablehnung des Gesetzes aus und kritisierte, dass es inmitten des Verhandlungsprozesses beider Parteien in vollem Umfang veröffentlicht wurde. „Dieses Gesetz wurde verabschiedet und wir haben zum ersten Mal im BOE davon gelesen. Dies war ein offensichtlicher Versuch, unsere Vereinbarung zu verwässern und viele Maßnahmen fallen zu lassen, die wir während der Verhandlungen über den neuen Haushalt widerwillig akzeptieren mussten. Sie haben auf wesentliche Bedingungen verzichtet wie zum Beispiel dass die Mieten eines Mietvertrages nur gemäß dem Verbraucherpreisindex angehoben werden dürfen oder dass die Stadtverwaltungen die missbräuchlichen Erhöhungen der Mieten einschränken können.“