Der Anstieg der Mietpreise in Spanien beunruhigt nicht nur Politiker, sondern auch den Privatsektor. Angesichts der Angebotsknappheit in einigen spanischen Städten und der steigenden Nachfrage sind die Mieten schneller gestiegen als die Löhne. Experten sind sich einig, dass es wichtig ist, dass der öffentliche und der private Sektor kooperieren, um mit privaten Geldern auf öffentlichem Grund und Boden erschwingliche Mietwohnungen anbieten zu können. Darüber hinaus plädieren einige Stimmen dafür, privaten Vermietern und juristischen Personen mehr Rechtssicherheit zu geben, um mehr Immobilien auf den Markt zu bringen.
Fernando Encinar, Leiter der Marktforschung beim Immobilienportal idealista, plädiert für eine öffentlich-private Zusammenarbeit. Er versicherte bei der vom Wirtschaftsmagazin Expansión organisierten Konferenz zur Zukunft des Mietmarktes („El futuro del mercado de alquiler de vivienda“), dass sich die Allgemeinheit einen professionelleren Immobiliensektor wünscht, gleichzeitig jedoch Misstrauen gegenüber einer öffentlich-privaten Zusammenarbeit hegt. Er hebt hervor, dass das neue Mietgesetz Unternehmen eine andere Behandlung gewährt als Einzelpersonen, etwas, was nicht geschehen sollte.
Er schlägt vor, das Angebot an Mietwohnungen zu erhöhen und weist Ansätze zurück, nach denen es nicht notwendig sei, mehr Wohnraum zu schaffen, da es viele leerstehende Immobilien gibt. Er erinnert daran, dass laut der letzten Volkszählung 62% der leerstehenden Wohnungen in Städten mit weniger als 50.000 Einwohnern liegen.
Miguel Oñate, Geschäftsführer von Merlin Properties, weist darauf hin, dass die Krise auf dem Mietmarkt nicht durch Regulierung, sondern durch eine Erhöhung der Bautätigkeit behoben werden kann. Dazu werden jedoch große Mengen an Kapital benötigt. „Es besteht das allgemeine Bewusstsein, dass privates Kapital in den Bau von Neubauwohnungen fließen muss, da es ansonsten zu einem Schock kommen würde“, fügt er hinzu.
Diese Finanzierung würde hauptsächlich über Investmentfonds erfolgen, da die Banken nicht mit der gleichen Kraft eintreten könnten, da es sich nicht um ihr Kerngeschäft handelt. Und der spanischen Regierung fehlt ebenfalls die Kraft.
Die Investmentfonds sollten als Verbündete angesehen werden, da die spanischen Banken sich nicht an diesem Kraftakt beteiligen können. Für die Durchführung einer nationalen Wohnungspolitik kommen nur internationale und private Institutionen infrage: Fonds und REITs.
Javier Rodríguez Heredia, Partner bei Azora, betont, dass derzeit in Spanien 23% des Wohnungsbestands vermietet wird, verglichen mit 34% im Durchschnitt der Europäischen Union, d. h. in Spanien gibt es fast 6,5 Millionen Mietwohnungen. Und er ist der Ansicht, dass Spanien noch einen langen Weg vor sich hat, um das Niveau Europas zu erreichen.
Er stimmt auch mit Oñate überein, dass die Finanzierung die Hauptursache für die Preisspannungen ist: Junge Menschen können kein Hypothekendarlehen aufnehmen, da sie dazu Ersparnisse benötigen. „Viele Menschen wohnen zur Miete, weil sie sich dazu genötigt sehen, nicht weil sie sich bewusst dazu entschieden haben. In den nächsten 15 Jahren müssen wir 2,4 Millionen Wohnimmobilien schaffen. Das ist machbar, erfordert aber eine Investition von bis zu 300 Milliarden Euro und es muss überlegt werden, wo diese finanziellen Mittel herkommen sollten. Denn es ist unmöglich, dass diese Summe aus öffentlichen Mitteln kommt“, betont Rodriguez de Heredia.
Fernando Lacadena, Vorsitzender der Asociación de Inmobiliarias con Patromonio en Alquiler (ASIPA), stimmt mit dem Partner von Azora überein. Er glaubt, dass „die öffentliche Verwaltung allein nicht in der Lage sein wird, die 1,5 bis 2,5 Millionen neuen Mietwohnungen zu finanzieren, die laut verschiedenen Studien benötigt werden. Die professionellen Betreiber und institutionellen Plattformen sind ein wesentlicher Bestandteil der Lösung und nicht des Problems“, betont er.
„Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass sich der Wohnungsmarkt in einem Wandel befindet. Ein weiteres ernsthaftes Problem ist der Mangel an verfügbarem Wohnraum, vor allem für junge Leute und Familien mit geringen finanziellen Mitteln“, fügt Lacadena hinzu.
Wie das neue Mietrecht den Markt beeinflusst
Eduard Mendiluce, Geschäftsführer von Aliseda y Anticipa, versichert, dass das seit März letzten Jahres geltende Mietrecht den Markt beeinflusst hat: Als Folgen des neuen Gesetzes wird eine Reduzierung des Angebots und einer Erhöhung der Mieten beobachtet.
Er steht der neuen Verordnung sehr kritisch gegenüber und schlägt vor, nicht zu regulieren, sondern den Eigentümern steuerliche Anreize und Subventionen zu bieten. Er macht sich außerdem dafür stark, im spanischen Mietgesetz eine Sonderklausel einzuführen, die es ermöglicht, Verträge mit kürzerer Laufzeit abzuschließen, bei denen die Vermieter eine Miete unter dem Marktpreis für Mieter mit Gefahr der sozialen Ausgrenzung oder mit Liquiditätsproblemen festlegen können.
Die PSOE brüstet sich mit ihrem Mietgesetz
Während der von Expansión organisierten Konferenz hob Beatriz Corredor, stellvertretende Parteivorsitzende der PSOE, hervor, dass das neue Gesetz zu dem 1994 verabschiedeten Mietgesetz zurückkehrt, einer Verordnung, die „fast 20 Jahre lang für Stabilität sorgte und ein Gleichgewicht zwischen Vermietern und Mietern schaffte.“
Corredor stellt fest, dass die Regierung von Pedro Sanchez den Plan 20.000 gestartet hat, der die Förderung des öffentlichen Wohnungsbaus durch Sepes und die ICO einleiten soll, um öffentliches Land und Nutzungsrechte zur Verfügung zu stellen. Für junge Menschen wird das allgemeine Grundeinkommen zur Emanzipation wiederhergestellt. „In der Statistik zu diesem Einkommen zeigte sich eine steigende Emanzipation der Jugendlichen, es gab aber keinen Anstieg der Mietpreise durch die Vermieter“, fügt sie hinzu.